Plastikmüll: Gibt es alternative Verpackungen?

So ehrlich wollen wir sein: Verpackungen sind ein Teil des Problems. Und zunehmend auch ein Teil der Lösung. Auf der Suche nach umweltfreundlicheren Lösungen für Lebensmittelverpackungen geraten die faserbasierten zunehmend ins Scheinwerferlicht. Wie sich dieser Bereich entwickelt. Und warum sich der Umstieg für die Industrie in mehrfacher Hinsicht lohnen kann.

86 Minuten Verwüstung. Als Koyaanisqatsi in die Kinos kam, wurde der Streifen über Nacht zum weltweiten Sensationserfolg. Der Film, der ohne Schauspieler und Dialoge auskommt, zeigt in fast unerträglicher Abfolge Szenen von menschengemachter Zerstörung der Natur. Die eindringliche Minimal Music von Philip Glass tut ein Übriges, um die Zuseher:innen zu überwältigen und ihnen buchstäblich vor Augen zu führen, was wir der Welt antun.

Das ist nun 41 Jahre her.

Neue Dimension der Umweltauswirkungen erreicht

Wie es weiterging, ist bekannt. Über das Niveau verschmutzter Strände oder leckender Mülldeponien ist die Diskussion längst hinausgewachsen. Angesichts der bereits eingetretenen und drohenden weiteren Veränderungen des Weltklimas sind zu leugnen oder wegzusehen inakzeptabel.

Dass das Ansetzen kleiner Hebel vor diesem Hintergrund als sinnlos empfunden wird, ist psychologisch verständlich, aber ebenso falsch. Denn das Potenzial der Veränderung ist meist größer als gedacht. Wie etwa beim Hebel der Lebensmittel-Verpackungslösungen.

Millionen Tonnen Verpackungsmüll

Die potenzielle Größe dieses Umwelt-Hebels zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden. Demnach hinterlassen alleine deutsche Konsument:innen und Industrie rund 19,7 Millionen Tonnen Verpackungsmüll im Jahr, was Europarekord ist. Pro Kopf verursachen die Deutschen knapp 240 Kilogramm jährlich – was Deutschland hinter Irland Rang zwei in der EU einbringt.

Und die Mengen steigen: Seit der ersten Erhebung im Jahr 2005 ist die Pro-Kopf-Menge an Verpackungs­müll in Deutsch­land bis 2021 um 26 Prozent gestiegen.

Die Umweltauswirkungen von Plastikmüll

Weltweite Daten und Werte stehen nicht in dieser Genauigkeit zur Verfügung, doch entsprechende Untersuchungen zeigen deprimierende Ergebnisse. Der bekannte Umweltaktivist Christoph Schulz hat auf seiner Website zahlreiche Fakten zum Thema Plastikmüll zusammengetragen – inklusive einer umfangreichen Link-Sammlung zu den zitierten Studien. Einige Highlights:

  • Die deutschen Konsument:innen verbrauchen im Durchschnitt rund 320.000 Stück Kaffee-Einwegbecher – pro Stunde. Der jährliche weltweite Verbrauch soll bei 16 Milliarden Bechern liegen.
  • 36 Prozent der weltweiten Plastik-Produktion von über 400 Millionen Tonnen betreffen Verpackungsmaterial.
  • Weltweit werden in jeder Minute etwa eine Million Getränkeflaschen aus Kunststoff verkauft.
  • Rund zehn Millionen Tonnen Müll dürften jährlich in den Meeren landen, davon ist ein Drittel Kunststoff.
  • Plastikflaschen brauchen um die 450 Jahre, bis sie sich im Meer zersetzen. Dann verschwinden sie allerdings nicht, sondern werden im Wasser zu Mikroplastik. Bei Styroporbechern dauert dies rund 50 Jahre.
  • Der Kontakt mit Plastikmüll tötet jedes Jahr rund eine Million Seevögel und 135.000 Meeressäuger.

Unnötige Verpackung vermeiden

Manchmal reichen ein paar Bananen im Supermarkt, um ein globales Problem drastisch zu illustrieren: eine Kunststofftasse, darin zwei geschälte Bananen, darüber Plastikfolie. Die Idee, die natürliche „Verpackung“ von Obst zu entfernen und durch eine künstliche zu ersetzen, ist so absurd, dass man es gesehen haben muss, um es zu glauben. Lebensmittel nur zu verpacken, wenn es notwendig ist, ist die nächstliegende Lösung zur Müllvermeidung – kann aber natürlich nur in Einzelfällen greifen.

Wenn Verpackungen kleiner werden

Dass Lebensmittel in den allermeisten Fällen verpackt werden müssen, hat gute Gründe: Transport, Lagerung, Haltbarkeit, Schutz vor Umwelteinflüssen – Lebensmittelverpackungen werden immer notwendig sein.

Neben dem Ansatz, unnötige Verpackungen zu vermeiden, ist Minimierung ein Weg. Das Umweltbundesamt verweist mit einigem Recht auf einen Passus im VerpackG: Demnach sind Volumen und Masse der Verpackungslösungen auf jenes Mindestmaß zu beschränken, „das zur Gewährleistung der erforderlichen Sicherheit und Hygiene der zu verpackenden Ware und zu deren Akzeptanz durch den Verbraucher angemessen ist“. Ob dies immer und überall umgesetzt ist, sei dahingestellt.

Mit der kommenden EU-Verpackungsverordnung PPWR, die nationales Gesetz ersetzen wird, werden Hersteller, Händler und Importeure – neben vielen anderen Themen – ebenso dazu verpflichtet, das Verpackungsmaterial nachweislich auf ein Minimum zu beschränken.

Mehr Recycling-Verantwortung für Unternehmen

Die dritte Möglichkeit, Umweltschäden durch Lebensmittelverpackungen zu reduzieren, ist das Recycling. Auch beim gefühlt ewig diskutierten Thema will die PPWR große Fortschritte antreiben: Für die Recyclingfähigkeit von Verpackungen werden Mindeststandards eingeführt. Die können etwa durch Änderung des verwendeten Materials erreicht werden. Oder teils auch, indem man Versandverpackungen so gestaltet, dass die Konsument:innen sie einfacher retournieren können. Zudem soll der Anteil an Rezyklaten in Kunststoffverpackungen deutlich steigen.

Nachhaltigkeit braucht neue Verpackungsvarianten

Der wahrscheinlich spannendste Ansatz ist jedoch der Einsatz von Lebensmittelverpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen. Wer regelmäßig Essenslieferungen bestellt, hat vielleicht schon bemerkt, dass tatsächlich Bewegung in dieses Thema gekommen ist: Viele Lokale, die warme Speisen noch vor kurzem in Kunststoff-Behältern geliefert haben, sind auf verschiedene Variationen faserbasierter Boxen umgestiegen. Nachteilige Auswirkungen auf den Inhalt sind dadurch nicht zu bemerken. Eine kleine Veränderung, die in Summe viel bewirkt.

Zentrales Problem Barrieren …

Im Bereich der Industrie ist das zentrale Problem faserbasierter Verpackungen der Produktschutz. Lebensmittelverpackungen aus Zellulose oder anderen natürlichen Fasern benötigen eine zusätzliche Barriere, meist aus Kunststoff-Laminat. Womit die Möglichkeit des Recyclings stark eingeschränkt ist.

Die solcherart entstehenden Verbundverpackungen sind also nur dem Recycling zuzuführen, wenn die Stoffe von den Konsument:innen zuvor getrennt werden. Die Bereitschaft dazu ist selbst in Haushalten, die prinzipiell auf ökologisches Agieren Wert legen, laut allen einschlägigen Studien äußerst gering.

… und wie es gelöst werden kann

Ein vielversprechender Ansatz ist, die Barrieren selbst ebenfalls aus rezyklierbaren Rohstoffen zu produzieren. Die entsprechende Forschung zielt in verschiedenste Richtungen, im Fokus stehen etwa Algen-, Zucker- oder Sol-Gel-Barrieren. Das Angebot an Alternativen wächst also stetig.

Oder aber, man schafft es, die Barriere überhaupt zu erübrigen. Mittlerweile gibt es Lebensmittelverpackungen, die zu nahezu 100 Prozent aus Zellulose bestehen und gleichzeitig bei einigen Produktgruppen bereits die gleiche Sicherheit hinsichtlich Produktschutz und Haltbarkeitsdatum bieten.

BMS ist es beispielsweise gelungen, mit ImpaQ eine Lebensmittelverpackung zu produzieren, die in der Premium-Version komplett aus Papier und regenerierter Zellulose besteht und dazu hervorragende Barriere-Eigenschaften aufweist. Eine zweite Variante – ImpaQ Light – beinhaltet eine Kunststoffbarriere, die so extrem dünn ist, dass die gesamte Verpackung dennoch über den etablierten Papierkreislauf rezykliert werden kann. Was wiederum die Konsument:innen der Aufgabe enthebt, die verschiedenen Anteile zu trennen.

5 gute Gründe für die Lebensmittelindustrie, auf faserbasierte Verpackungen umzusteigen

Was spricht also aus der Sicht der Lebensmittelindustrie dafür, ihre Produkte faserbasierten Verpackungen anzuvertrauen? Hier sind fünf Argumente.

1.   Sie dienen dem Kampf gegen den Klimawandel

Lebensmittelverpackungen tragen massiv zu den Müllbergen bei, die ein immer drängenderes Umweltproblem bilden. Während manche anderen Strategien, dem Klimawandel entgegenzuwirken, viel Zeit in Anspruch nehmen – etwa der Umstieg auf Elektromobilität –, kann es hier sehr schnell gehen. Verpackungen wie ImpaQ sind zudem so designt, dass sie auf sämtlichen in der Lebensmittelindustrie gängigen Tiefziehmaschinen verarbeitbar sind. Unternehmen können also nahezu über Nacht einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Und damit echte, wirksame Verantwortung übernehmen.

2.    Sie erfüllen die Vorgaben von morgen

Mit der Packaging and Packaging Waste Regulation PPWR zieht die Europäische Politik die Zügel beim Thema Verpackung deutlich an. Bindende Richtlinien werden demnächst unter anderem die Recyclingfähigkeit von (Lebensmittel-)Verpackungen mit strengen Mindestanforderungen belegen. Anforderungen, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter steigen könnten. Ein Umstieg auf faserbasierte Verpackung antizipiert diese Regelungen und schafft für Lebensmittelproduzenten Rechtssicherheit auf lange Zeit.

3.    Sie dienen dem Marken-Image

Konsument:innen sind sich des Phänomens des Greenwashing durchaus bewusst – und sind dementsprechend kritisch bei der Beurteilung ökologischer Strategien und Handlungen seitens der Industrie. Umso größere Bedeutung gewinnen Schritte, die nachweisliche dem Umweltschutz dienen. Umweltfreundliche Verpackung ist also ein wichtiger Faktor des Markenimages.

4.    Sie zeigen Wirkung auf den Umsatz

Das Image hat auch handfeste ökonomische Auswirkungen. Kritischer werdende Konsument:innen achten im Handel vermehrt auf Inhaltsstoffe, Produktionsbedingungen – und das Material der Verpackung von Lebensmitteln. Faserbasierte Verpackung hat also unmittelbare Auswirkungen auf den Umsatz, und die werden künftig immer stärker ausfallen.

5.    Sie widerlegen alte Argumente

Lebensmittel, die frühzeitig verdorben bei den Konsument:innen ankommen, sind Image-Killer. Selbst dann, wenn Hersteller daran unschuldig sind. Die Sicherung des Mindesthaltbarkeitsdatums war lange Zeit ein gutes Argument für den Einsatz von Kunststoff. Ein Argument, das zunehmend schwächer wird und in manchen Bereichen bereits völlig ins Leere geht.